pdf Dokument: DOC
Rückblick und Ausblick
Das Berichtsjahr war gekennzeichnet durch ein Novum: Ab März wurde der Bankenplatz von zu Hause ferngesteuert – und er funktionierte weiter wie gehabt. Videokonferenzen haben lange Reisen ersetzt und den persönlichen Kontakt auf ein absolutes Minimum reduziert. Nach den ersten Herausforderungen haben sich die Menschen an die neue Situation gewöhnt – und sehnen sich seither nach der alten Welt. Im regulatorischen Bereich sind zwar viele laufende Geschäfte auf kleinem Feuer weiterbearbeitet worden, dennoch standen zahlreiche für den Finanzplatz wichtige Dossiers während langer Zeit still.
Der Verband hat seinen Mitgliedern neue Formen der Interaktion angeboten. Für die Arbeitsgruppen, die sich an den informellen Austausch im Rahmen persönlicher Treffen gewöhnt sind, war und ist es nicht immer einfach, auf Videokonferenz umzustellen. Andererseits schätzen die Teilnehmer die Videokonferenz-Präsentationen, denn sie bieten raschen und einfachen Zugang zu relevanter Information und die Möglichkeit, sich mit Kollegen anderer Finanzplätze auszutauschen.
Neben der Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Pandemie hat der Verband sich mit den vom Vorstand identifizierten Kernthemen weiterhin eingehend auseinandergesetzt.
Cyber Resilience
Informationssicherheit ist eines dieser prioritären Themen: Es ist ein Thema, das durch die Pandemie und das Fehlen persönlicher Kontakte an Bedeutung gewonnen hat. Cyber-Kriminelle nützen die aktuelle Situation aus und versuchen über die privaten LAN-Netzwerke, mittels Social Engineering oder anderen Methoden in die Netzwerke der Banken einzudringen. Die Unternehmen sind dabei gefordert, durch technologische Anpassungen und durch Schulung des Risikobewusstseins und der Aufmerksamkeit der Mitarbeiter ihren eigenen Schutz zu stärken. Durch die weite Vernetzung unter Finanzinstituten müssen die Schutzmassnahmen als gemeinsame Aufgabe angegangen werden – das schwächste Glied bestimmt die Sicherheit aller.
Unabhängig von der ausserordentlichen Situation in der Pandemie ist die Stärkung der Informationssicherheit für die Auslandsbanken in der Schweiz seit mehreren Jahren ein zentrales Anliegen. Im Berichtsjahr ist der Verband seinem Ziel, die Auslandsbanken vollständig in die Schweizer Architektur eines Cyber-Aufsichtskonzepts einzubinden, einen grossen Schritt nähergekommen. Das Schweizer Financial Services Information and Analysis Center FS-ISAC ist im Aufbau begriffen. Die Auslandsbanken sollen dabei sowohl beim Aufbau wie auch beim laufenden Geschäft voll eingebunden werden. Der Vorstand hat diese Frage noch im November 2020 mit dem Beauftragten des Bundes für Cyber Security besprochen und die Beweggründe seines Anliegens erklärt. Die Auslandsbanken teilen die Ansicht der FINMA und sehen Cyber Resilience als systemkritische Herausforderung, die nur im Netzwerk unter Einschluss aller Beteiligten gemeistert werden kann.
Der Weg zu diesem Ziel war lang. Bereits anlässlich der Jahresversammlung 2018 hat die damalige Vizepräsidentin des AFBS in ihrer Ansprache auf die herausragende Wichtigkeit hingewiesen, diese Aufgabe im Verbund anzugehen. Die Auslandsbanken sollten, wie alle Teilnehmer am Finanzplatz, in den Informationsfluss eingebunden sein, um an der Resilienz der Finanzplatzinfrastruktur Anteil zu haben und diese weiter zu stärken. Die damalige Schweizer Informationsplattform war für die ausländisch beherrschten Institute jedoch nicht zugänglich. Im Laufe des Jahres 2018 arbeitete der Verband mit SIX zusammen. Als Anbieter der Finanzplatzinfrastruktur verfolgte SIX damals das Projekt, einen Cyber Security Hub für die Finanzindustrie aufzusetzen. Dieser Hub funktioniert noch heute als wertvoller Informationsvermittler unter einer Gruppe von Finanzinstituten. Er ist nach dem Motto aufgesetzt, dass jeder Teilnehmer seinen Beitrag zur Sicherheit leisten kann – und muss – weil jeder auch eine Gefährdung darstellen kann, wenn er sich nicht ausreichend vor den Risiken schützen kann.
Das FS-ISAC soll, nach einer Testphase Ende 2021, Anfang 2022 voll operativ sein. Laufende Anpassungen werden notwendig sein; das Netzwerk wird auf- und auszubauen sein und der Informationsfluss wird zu klären sein. Die Auslandsbanken haben dank ihrem Einsitz im Steuerungsausschuss die Möglichkeit, sich bei diesen Arbeiten einzubringen.
Sustainable Investments
Auch das Thema "Nachhaltige Anlagen" bleibt für den Verbandsvorstand von grosser Bedeutung. Insbesondere über ihre Rolle als Intermediär der Finanzflüsse spielen die Banken eine zentrale Rolle. Der Verbandsvorstand hat sich über die verschiedenen Initiativen informieren lassen, die auf nationaler und internationaler Ebene laufen. Er ist bemüht, die Mitgliedsbanken auf dem Laufenden zu halten, sodass sie individuell ihren Beitrag in der Schweiz leisten können, um die an der UN-Klimakonferenz von Paris vereinbarten Nachhaltigkeitsziele im Finanzsektor umzusetzen.
In seiner Sitzung von September 2020, also etwas mehr als ein Jahr nach der ersten Konferenz zu diesem Thema an der Jahresversammlung 2019, empfing der Verbandsvorstand Vertreter der Schweizerischen Bankiervereinigung, von Sustainable Finance Geneva und der Auslandsbanken in den relevanten Gremien. Er konnte dabei Kenntnis nehmen vom Fortschritt verschiedener Initiativen und Einsicht gewinnen, wie Auslandsbanken sich auf dem hiesigen Finanzplatz einbringen können. Die Gespräche halfen, die Rolle des Verbands als Beobachter und Informator der Mitglieder bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele im Finanzsektor zu definieren.
Im Februar 2021 traf sich der Verbandsvorstand mit Patrick Odier, der aufzeigte, wie sich die Auslandsbanken bei Veranstaltungen des Building Bridges Summit in Genf einbringen können. Sowohl die Banken in der Schweiz, aber vor allem auch deren Expertise aus dem Ausland, sind willkommen und könnten massgeblich zur internationalen Positionierung dieses Anlasses beitragen. Diese Information hat die Geschäftsstelle den Mitgliedern weitergegeben. Sie können jetzt die Gelegenheit nutzen und ihr Fachwissen bei diesem Projekt einbringen. Auch Beiträge der Mutterhäuser oder der ausländischen Konzerngesellschaften sind willkommen. Building Bridges hat das Ziel, DER international anerkannte Anlass im Bereich der nachhaltigen Anlagen weltweit zu werden. Die Positionierung in Genf soll helfen, Brücken zwischen der Finanzwelt und den humanitären und sozialen Organisationen aus dem Kreise der Vereinten Nationen zu schlagen und das Netzwerk immer weiter auszudehnen und zu vertiefen. Auf dieser Basis soll ein Kompetenz-zentrum "Sustainable Investments" in Genf entstehen und in die Welt ausstrahlen.
Cloud Services
Im Berichtsjahr hat sich der Verband weiter mit den technologischen Entwicklungen bei der Datenaufbewahrung und der Datenverarbeitung auseinandergesetzt. Auch die Swiss Cloud kam zur Sprache – aber nur für eine kurze Zeit. Die meisten Auslandsbanken gehören einer internationalen Gruppe an. Diese versucht, die internen Prozesse eigen-ständig so effizient wie möglich zu gestalten und dabei Datensicherheit und Dienstleistungskontinuität zu gewähren. Die dazu notwendige Infrastruktur und Prozesse sind komplex, aufwendig und teuer. Eine wachsende Anzahl Institute hat sich für den Weg einer Cloud-basierten Lösung entschieden, auch wenn mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Ein grosser Vorteil der Cloud ist, dass die Datensätze einmalig vorhanden sind, zentral gespeichert werden können und dadurch von unterschiedlichen Geschäftseinheiten in verschiedenen Märkten zugreifbar sind. Das vermeidet Redundanz und die damit einhergehende Komplexität; es vereinfacht Prozesse, auch gegenüber Kunden. Dieser Ansatz bedeutet aber auch, dass Daten grenzüberschreitend übermittelt und verarbeitet werden. Für die Schweizer Einheit globaler Konzerne gilt es, Lösungen zu finden, die mit den Schweizer Vertraulichkeitsvorgaben vereinbar sind.
In mehreren Roundtables sowie einer Serie von Konferenzen hat der Verband mit seinen Mitgliedern die Thematik vertieft. Die Auslandsbanken haben mit Experten besprochen, wie Cloud Services aufzusetzen sind, welche rechtli-chen Fragen im Zusammenhang mit ihrer Verwendung zu beachten sind, oder wie Kunden und andere Geschäfts-partner zu informieren sind.
Die Swiss Cloud hat an Interesse verloren. Man ist sich bewusst geworden, dass eine Cloud ihr ganzes Potential nur dann entfalten kann, wenn sie grenzüberschreitend ist. Die Herausforderung besteht darin, zu verstehen, wie die Prozesse und die Nutzungsrechte zu definieren sind, dass die Daten von Kunden und Geschäften in der Schweiz sowohl unter dem Schutz der strengen schweizerischen Gesetzgebung stehen und gleichzeitig der Verwendbarkeit in der Cloud zugänglich sein können.
Das nachfolgende Thema hat massgeblich zu einem Sinneswandel in dieser Beziehung beigetragen. Nicht der freie Wille, sondern die "Alternativlosigkeit", war dabei ausschlaggebend.
COVID19
Das ganze Berichtsjahr war geprägt, wenn nicht überschattet, von den Auswirkungen der Coronavirus Pandemie. Der Bundesrat verabschiedete im Frühjahr Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie. Und auch in der Sommerzeit waren die Menschen zurückhaltend, sich persönlich – oder sogar in Gruppen – zu treffen. Für den Verband brachte das neue Gewohnheiten, von denen viele voraussichtlich auch nach der Pandemie bestehen bleiben werden.
Der Banken- und Finanzplatz hat erlebt, dass das Büro nicht der einzige Ort ist, wo die tägliche Arbeit verrichtet werden kann. "Work from Home" ist zum neuen Standard geworden, den die Banken rasch übernommen haben. Der Verband hat zusammen mit 25 Mitgliedsinstituten und einem Spezialisten in Arbeitsrecht Mustertexte für eine Weisung ausgearbeitet. Diese Initiative erwachte auf Nachfrage der Verbandsmitglieder, die sich im Laufe des Sommers immer bewusster wurden, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch nach der Pandemie von den Banken die Möglichkeit erwarten, weiterhin, zumindest teilweise, von zu Hause zu arbeiten.
Während die Erfahrungen weitestgehend positiv sind, bestehen doch einige Herausforderungen. So zum Beispiel bei der Akquisition neuer Kunden oder beim Einrichten der "Work from Home"-Infrastruktur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Wohnsitz im Ausland. Zwar sind die auf solche Situationen anwendbaren Steuerregeln befristet aufgehoben, aber für eine dauerhafte Lösung bedarf es auch der Klärung aufsichtsrechtlicher Fragen bezüglich Dienstleistungserbringung sowie Massnahmen zum Datenschutz und für die Cyber Sicherheit.
AFBS 2020 and beyond
Mit der Stabsübergabe auf Januar 2020 hat das neue Team auf der Geschäftsstelle seinen Auftrag in Angriff genommen, bei den Mitgliedern Wünsche und Anliegen zur zukünftigen Ausrichtung und zum Inhalt der Verbandsarbeit abzuholen und die Verbandsaktivitäten auf die neuen Bedürfnisse auszurichten. Zahlreiche Gespräche mit Vertretern der Mitgliedsinstitute fanden statt – persönlich oder als Videokonferenz. Dabei kamen interessante Anregungen und Vorschläge zusammen und das Sekretariat bereitet diese nun auf. Vieles wird beim Alten bleiben, weil die Bedürfnisse in zahlreichen Bereichen abgedeckt zu sein scheinen. Einige Neuerungen, vor allem bei der Verwendung neuer Technologien in der Interaktion, sollen den Informationsfluss verbessern und den Austausch unter den Mitgliedern vereinfachen. Der Vorstand und die Geschäftsstelle planen die nächsten Schritte im Hinblick auf Umsetzung im Laufe der zweiten Jahreshälfte 2021.
Verbandsaktivitäten und Personalien
Trotz unerwarteter Herausforderungen ab Frühling 2020 konnte der Verband der Auslandsbanken auch in diesem Berichtsjahr seine Aktivitäten erfolgreich weiterführen. Die Generalversammlung hat gemäss bundesrätlicher Empfehlung auf dem Postweg stattgefunden und die Beteiligung war deswegen nicht geringer. Die Geschäftsstelle hielt die Mitgliedsinstitute auch im neuen Umfeld laufend auf dem neuesten Stand. Videokonferenzen erwiesen sich rasch als effizienter Informationskanal sowohl für Präsentationen als auch für Sitzungen der Arbeitsgruppen. So haben im Berichtsjahr rund 80 Anlässe stattgefunden, an denen sich die Mitglieder zu aktuellen Themen informierten und austauschten (eine Aufstellung findet sich im Kapitel Activities). Die neue Situation bot auch neue Möglichkeiten: mehrere Anlässe fanden mit Referenten aus dem Ausland statt und auch Teilnehmer ausländischer Gruppengesellschaften der Mitgliedsinstitute konnten teilnehmen. Mehrere komplexe Themen wurden in Konferenzserien behandelt, wobei in kurzen Sitzungen einzelne Aspekte besprochen werden konnten. Auch Anlässe zu "exotischen" Themen konnten stattfinden, auch wenn dabei bloss wenige Teilnehmer zusammenkamen und sich austauschten.
Nach einer ersten Eingewöhnungsphase hat sich diese neue Form der Zusammenarbeit etabliert – Referenten wie auch Zuhörer schätzen es, sich nicht mehr für jeden Anlass verschieben zu müssen, dafür Austausch über Distanz zu pflegen. Alle sehnen aber auch die Zeit herbei, wenn persönliche Treffen und informelle Gespräche wieder möglich sind. Der Verband wird in der Zukunft beide Formate anbieten. Der persönliche Kontakt und der informelle Austausch bleiben zentral für den offenen Austausch unter Mitgliedern ebenso wie mit anderen Partnern. Auf die richtige Mischung wird es ankommen.
Der Austausch zwischen dem Vorstand und den Finanzplatzinstitutionen konnte trotz Pandemie fortgesetzt werden. Anlässlich des Treffens mit dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen wurden neben den Auswirkungen der Pandemie auch die Entwicklung der bilateralen Beziehungen und des Marktzutritts besprochen. Der Delegierte des Bundes für Cyber Security anerkannte das Anliegen der Auslandsbanken, voll an das nationale Sicherheitsdispositiv angebunden zu sein. Im Gespräch mit dem Direktorium der Schweizerischen Nationalbank standen die Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung der Finanzdienstleistungen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Der Austausch mit SIX Group konzentrierte sich auf Fragen der Digitalisierung, um die erste integrierte digitale Handelsplattform SDX Swiss Digital Exchange. Die Aussprache mit der FINMA wurde auf den Herbst 2021 verschoben in der Hoffnung, dass sie persönlich stattfinden könne. Neben Nachhaltigkeit im Finanzsektor standen Themen zur Digitalisierung und dem grenzüberschreitenden Datenfluss auf der Gesprächsliste.
Die 48. Generalversammlung vom 12. Juni 2020 wählte Daniel Belfer, Bank J. Safra Sarasin AG, und Elzbieta Czetwertynska, Citibank (Switzerland) AG, neu in den Vorstand und bestätigte die Mandate von Heinrich Henckel, LGT Bank (Schweiz) AG und Mauro De Stefani, Banca Popolare di Sondrio (Suisse) SA. Neben dem bereits kurz nach seiner Wahl erfolgten Rücktritt von Claudio de Sanctis nahm sie auch vom Rücktritt von Markus Affolter Kenntnis.
In den Finanzplatzgremien sind folgende Änderungen zu verzeichnen: Im SIX Regulatory Board ist der Verband neu durch Garrick Dean Smith, BNP PARIBAS SECURITIES SERVICES, vertreten. Jan Amrit Poser, Bank J. Safra Sarasin Ltd, vertritt den Verband im SBVg Expertenkomitee für Sustainable Finance sowie im FINMA Panel zum selben Thema, während Danny Wemmenhove, F. van Lanschot Bankiers (Schweiz) AG, in der Arbeitsgruppe Sustainable Finance Einsitz nimmt. Marc Dubach, Goldman Sachs Bank AG vertritt den Verband in den SBVg-Gremien zum Aufbau des National Cyber Security Center und Raoul Würgler im Steering Committee des FS-ISAC. Die AFBS Vertretung in den Steuergremien des Bundes zu CRS und FATCA ist von Konrad Häuptli an Oliver Wittwer, LGT Bank (Schweiz) AG, übergegangen. Camillo Zbinden, Société Générale, Mark Bjertnes, Citibank (Switzerland) AG, und Julie Zurbriggen, HSBC Private Bank (Suisse) SA, vertreten den AFBS in der Arbeitsgruppe des Bundes zur Identifikation und Restitution von Vermögenswerten. Eine Liste sämtlicher Arbeitsgruppen und der AFBS Vertreter ist auf der Website des Verbandes einsehbar.
An dieser Stelle danken wir allen, die unsere Arbeit unterstützen und sich für die Anliegen der Auslandsbanken und des Verbandes einsetzen, für ihre Mitarbeit und ihr Engagement.
Zürich, Mai 2021