Internationale Krise – Nationale Krise
Vor drei Jahren Pandemie, vor zwei Jahren Krieg, vor einem Jahr Untergang einer Bank … so reihen sich die Krisen – oder Herausforderungen – für den Schweizer Finanzplatz aneinander. Auch 2023 hat ein Krisenstab über's Wochenende getagt und entschieden, genau wie damals beim Ausbruch der Pandemie und bei der Umsetzung der Sanktionen gegen Russland. Seither verarbeiten Finanzplatz und Land das Verschwinden einer der beiden Schweizer Grossbanken. Der Bundesrat hat im April 2024 seinen Bericht zur Bankenstabilität veröffentlicht und zahlreiche Massnahmen vorgeschlagen. Die FINMA hat bereits im Dezember 2023 festgestellt, dass ihr in vielen Bereichen die Hände gebunden waren, und nach neuer Regulierung gerufen, die ihr mehr Kompetenzen geben. Zu den Nachwehen der UBS-CS Transaktion wird noch viel Tinte fliessen und werden noch viele Gespräche stattfinden. Daneben läuft das Tagesgeschäft weiter – und die neue Situation auf dem Schweizer Finanzplatz bringt spannende Herausforderungen und interessante Gelegenheiten.
Verwerfungen
Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS hat tiefe Spuren hinterlassen, die noch nicht vollumfänglich zum Vorschein gekommen sind. Eine der zwei globalen Schweizer Banken ist von der Bildfläche verschwunden. Die internationale Schweizer Kommerzbank ist nicht mehr da. Ein wichtiger Syndikatspartner im Finanzierungsgeschäft fehlt. Eine der grossen nationalen Korrespondenzbanken ist verschwunden. Landesweit tätige Universalbank mit internationaler Anbindung gibt es nur noch eine. Es ist aber nicht nur die Verringerung des Angebots, sondern auch die aus der Transaktion zu erwartende Regulierungswelle, die den Auslandsbanken Sorge bereitet.
Auch wenn sich viele der 37 Vorschläge, die der Bundesrat in seinem Stabilitätsbericht von April 2024 macht, an die Systemrelevanten Banken SIBs richten, so identifiziert er dennoch 17 zu ergreifende oder zu prüfende Massnahmen die auf alle Banken bzw. Finanzinstitute anwendbar sein sollen. Die Verbände werden also gefordert sein, aufmerksam die Regulierungsvorschläge einzuschätzen. Es geht um die Wahrung der Attraktivität und der Stabilität des Schweizer Finanzplatzes. Zunehmen werden die Anforderungen aus aufsichtsrechtlicher Seite auf jeden Fall, die FINMA wird die bankinterne Organisation und die Prozesse noch genauer unter die Lupe nehmen, um mögliche nächste Fälle zu vermeiden.
Selbstverständlich schafft die Transaktion für die Auslandsbanken eine neue Ausgangslage. Das Kommerzgeschäft war für die Auslandsbanken in der Schweiz immer wichtig, denn die globale Anbindung der Schweizer Wirtschaft kann nur eine international vernetzte Bank mit lokaler Präsenz gewährleisten. Das tritt nun noch viel klarer hervor. Mehrere Institute haben ihr Angebot für Firmenkunden ausgebaut oder sind daran, dies zu tun. Schweizer Verbände und Unternehmen stellen fest, welch international diversifizierte Bankenpopulation sie vor ihrer Haustüre haben. Die Gruppe der Auslandsbanken in der Schweiz ist wie eine Universalbank – die auf der ganzen Welt vertreten ist.
Aufsichtsrecht
Die Aufsichtstätigkeit war im Berichtsjahr stark von der UBS-CS Transaktion geprägt. Vorschläge für Massnahmen sind nun im bundesrätlichen Bericht zur Bankenstabilität (LINK) von April 2024 zusammengefasst. Aber bereits ab Sommer 2023 spürte man seitens der Aufsichtsbehörde ein klares Interesse an der Liquiditätssituation einzelner Banken und deren Finanzierungskanäle. Die SNB überarbeitet ihre Programme zur Verfügbarkeit von Liquidität im Krisenfall und plant gleichzeitig über ausgedehnte Berichterstattung ihre laufende Kenntnis der aktuellen Situation zu verbessern. Das soll ihr die Möglichkeit geben, rasch zu handeln. Massnahmen wie die Einzelkreditmeldung oder das Instant Payment Programm, wie bereits auf anderen Finanzplätzen bekannt, sollen Daten in Echtzeit zur Verfügung stellen. Die Initiativen mögen Stabilität bringen, aber sie auferlegen den Banken schwere Bürden auf operationeller Ebene. Dies spüren insbesondere die kleinen Institute, bei denen der administrative Aufwand zur Umsetzung proportional zum Transaktionsvolumen viel grösser ist.
Neben Liquiditäts- und Finanzierungsthemen hat die FINMA in ihrem Risk Monitor neu auch das Thema Outsourcing in den Fokus genommen. Damit eng verbunden ist die Nutzung der Cloud – vor wenigen Jahren noch mit Argwohn beäugt, doch je länger, je breiter angewandt – wo die Macht des Faktischen übernommen hat. Effizienz kann nur durch Konzentration erreicht werden und diese ist nur grenzüberschreitend möglich. Kontrolle der Datenflüsse durch die auslagernde Partei, den Dateneigner, ist wichtig, um die notwendigen Berechtigungen und Zugriffsrechte zu erteilen. Für Tochtergesellschaften von Auslandsbanken ist dies nicht immer einfach umzusetzen.
Auch zur Verwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) hat sich die FINMA im Risk Monitor geäussert. Erneut wählt sie einen technologieneutralen Ansatz und auferlegt den Instituten Grundregeln: Zuordnung der Verantwortlichkeit; Zuverlässigkeit der Anwendungen; Erklärbarkeit der Ergebnisse; Transparenz über den Einsatz; Gleichbehandlung der Kunden. Laut den letzten Äusserungen plant die FINMA keine spezifische Regulierung zur Anwendung von KI. Sicher wird sie aber – wie in anderen Bereichen der Technologieanwendung – die Marktentwicklung aufmerksam beobachten und die Anwendungen bei den beaufsichtigten Instituten verfolgen.
Internationales
Für unseren Verband erfreulich ist die Tatsache, dass der Bundesrat das Thema der grenzüberschreitenden Erbringung von Finanzdienstleistungen in das Mandat für Verhandlungen mit der EU aufgenommen hat. Das war erst nach zähem Ringen und dank tatkräftiger Unterstützung betroffener Kantonsregierungen möglich. Es bleibt nun abzuwarten, wie das Verhandlungsmandat umgesetzt wird und wie die EU den Institutsbasierten Ansatz aufnehmen wird. Dieser sieht vor, dass auf Regierungsebene ein Rahmen definiert wird, in dem ein einzelnes Institut dann den Marktzutritt beantragen kann. Das bedeutet, dass nur diejenigen Institute die regulatorischen Vorgaben erfüllen müssen, die die damit einhergehenden Möglichkeiten auch nutzen wollen.
Das Abkommen im Bereich der Finanzdienstleistungen mit dem Vereinigten Königreich ist unter dem Namen "Berne Agreement" unterzeichnet worden. Indem es gegenseitige Anerkennung der Regulierung vorsieht, können die beiden Finanzplätze wie ein grosser angesehen und bedient werden. Jedoch müssen die interessierten Institute spezifische Bedingungen erfüllen, die momentan auf Länderebene definiert werden. Die Regierungen beider Länder sind zu Recht stolz auf das Abkommen, das als eines der ersten internationalen Abkommen gegenseitige Anerkennung der nationalen Regulierung vorsieht, anstatt neue gemeinsame Regulierung zu definieren. Zur Anwendung gelangen soll das Abkommen ab 2027.
Die Banken finden sich je länger je mehr mit der Tatsache ab, dass Sanktionen ein neues, zusätzliches Thema für die Compliance Abteilung werden. Die landläufige Meinung sagt, Sanktionspolitik sei die neue Wirtschaftspolitik. Das kann für einzelne Länder oder Wirtschaftsblöcke gelten. Wie werden sich in diesem Umfeld aber die neutralen unabhängigen Länder positionieren können? Welche Bedeutung hat diese Entwicklung für einen internationalen Finanzplatz wie den schweizerischen? Kann die Schweiz ihre Neutralität wahren? Wenn ja, wie?
Geldwäschereibekämpfung
Die Bekämpfung der Geldwäscherei nimmt weiterhin einen wichtigen Platz in der Compliance Funktion bei den Banken ein. Der Fokus breitet sich aus und umfasst neu auch die Umsetzung von Sanktionen, deren Nichtbeachtung einige Stellen bereits als Vortat zur Geldwäscherei ansehen. Einhaltung der international anwendbaren Regimes ist komplex und stellt die Banken vor vielfältige Herausforderungen. Es geht darum, die oft vage formulierten Vorgaben in einen für Maschinen umsetzbaren Code zu übersetzen. Klare Grenzwerte sind gefordert; internationale Standardisierung ebenso. Ein Sanktionsregime, das Interpretationsfragen aufwirft und Unterschiede zwischen Jurisdiktionen zulässt, ist für jede Compliance Abteilung ein Albtraum. Für die Tochter einer internationalen Bank, wie das die Mehrheit der AFBS Mitglieder ist, noch viel mehr, denn sie will unbedingt klare, allgemein gültige Vorgaben umsetzen und sich unter keinen Umständen einer Situation von Regulatory Arbitrage aussetzen.
Der Verband hat Stellung genommen zur Revision des Geldwäschereigesetzes und der Einführung eines Registers der Wirtschaftlich Berechtigten. Letzteres ist eine zusätzliche Massnahme, um Transparenz zu schaffen. Komplex ist sie, weil klarzustellen ist, wer für die Aktualität und Richtigkeit des Registers verantwortlich ist und welche Rolle Finanzintermediäre bei dessen Abfüllung einnehmen. Es kann nicht sein, dass diese auch hier Kontrollfunktionen wahrzunehmen haben und laufend Daten aus ihrem eigenen Bestand mit denjenigen des Registers abzugleichen haben. Der Verband versteht auch nicht, weshalb die Pflicht der Einhaltung von Sanktionen in diesem Gesetz zu verankern ist, da diese ja bereits über das Obligationenrecht für alle Wirtschaftsakteure geklärt ist. Nach kontroverser Vernehmlassung liegt die Vorlage beim Bundesrat, der entschieden hat, sie grundlegend zu überarbeiten.
Das AFBS Get Together 2023 hat sich der Einführung eines Public Private Partnerships gewidmet, das die Meldestelle für Geldwäscherei MROS vorantreibt. Die Initiative rührt von einer FATF Empfehlung aus einem Peer Review, die andere internationale Finanzplätze bereits umgesetzt haben. Die Auslandsbanken bringen Erfahrung aus dem Ausland mit: Einfache Prozesse mit direktem Informationsfluss sollen Mehrwert schaffen. Erfahrungsaustausch auch auf generischer Ebene ist willkommen; Datenaustausch soll mit den geltenden Vorgaben zu Persönlichkeitsschutz und Vertraulichkeit vereinbar sein; die Auswertung muss den teilnehmenden Banken bzw. dem Finanzplatz auf eine geeignete Weise verfügbar gemacht werden, ohne dass ein Rückschluss auf einzelne Institute möglich ist. Unser Verband nimmt mit je einer Vertretung aus dem Firmen- und dem Privatkundengeschäft an den Arbeiten teil.
Digitalisierung
Das Digitalisierungsthema wird von Institut zu Institut unterschiedlich behandelt, auch wenn die Transition in die Cloud von den meisten als Tatsache akzeptiert worden ist. Abläufe mit den Kunden sind weitestgehend geklärt. Die EU und die Schweiz haben ihre Rechtsrahmen in Bezug auf Datenschutz als gleichwertig anerkannt, was den Datenaustausch erlaubt und Prozesse vereinfacht. Dieselbe Anerkennung zwischen den USA und der Schweiz ist noch hängig, wäre jedoch ein willkommener Schritt, der die engen Beziehungen zwischen den beiden Jurisdiktionen auch konzernintern vereinfachen würde.
Mit grossem Interesse verfolgen die Auslandsbanken die Bemühungen des Schweizer Finanzplatzes in Richtung Digitalisierung des Wertschriftenhandels und der Währungen. Die herausragende technologische Infrastruktur, welche die SIX Group aufgesetzt hat, und die technologieneutrale Regulierung, helfen massgeblich, dass auch kleine FinTechs sich entfalten. Die Beteiligung der Schweizerischen Nationalbank an den internationalen Pilotprojekten zur Digitalisierung von Währungen, Wertschriften, und zugehörigen Transaktionen, bringt wertvolle Einsicht und Klärung. Der Weg zur Einführung digitaler, programmierbarer, Währungen ist vorgespurt, auch wenn das Endziel noch nicht definiert ist.
Das Financial Services Cyber Security Centre (FS CSC) hat nun seine endgültige Heimat gefunden, beim Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport. Die enge Verbindung zu Verbänden und Finanzindustrie hat es damit nicht verloren, ganz im Gegenteil. Im Berichtsjahr konnten erstmals umfassende Table Top Übungen durchgeführt und das Verhalten im Ernstfall geprüft werden. Die Prozesse für die Informationsvermittlung werden weiter verbessert. Verband und Auslandsbanken sind an der Initiative beteiligt und letztere tragen über ihr internationales Netzwerk zur Vertiefung der Erfahrung und Wissensvermittlung bei.
Finanzplatzinfrastruktur
SIX Group schreitet voran mit der Internationalisierung einerseits und mit der Digitalisierung andererseits. Bei der Digitalisierung sind auch die Banken gefordert, denn gewisse Prozesse setzen Anpassungen bei allen Instituten voraus. So hat sich der Verband im Berichtsjahr für die Einführung der Instant Payment Standards interessiert und zu verstehen versucht, welche Anpassungen auf Ebene der einzelnen Banken notwendig sind. Es hat sich gezeigt, dass die Umsetzung tief in die Bankprozesse eindringt und Auslagerung kaum möglich ist. Ebenso sind die Banken gefordert in Bezug auf Kommunikation mit dem Infrastrukturanbieter SIX, der für den Datenaustausch im September 2024 Finance IPNet mit dem Swiss Secure Finance Network ablöst. Dieses beruht auf dem internetbasierten SCION Standard, der an der ETH Zürich entwickelt wurde. Die Verschlüsselungstechnik funktioniert auf der bestehenden Internetinfrastruktur und ermöglicht eine Punkt-zu-Punkt Vernetzung anstelle des gehabten Hub-and-Spoke Systems. Das heisst, dass Banken inskünftig auch direkt unter sich mit diesem hochsicheren Standard Daten austauschen können.
Zur Stärkung der Stabilität arbeitet die Schweizerische Nationalbank an verschiedenen Projekten, die ihr eine zeitlich verzögerungsfreie Kenntnis der Situation am Kapital- und am Finanzmarkt ermöglichen. Dazu gehört Instant Payment, aber ebenso die Einführung der Einzelkreditmeldungen und der Emergency Liquidity Assistance. Sowohl die neuen Zahlungsstandards als auch die neuen Berichterstattungspflichten stellen für Banken beachtliche Herausforderungen dar, da sie jeweils "instant", also sofort, zu erfolgen haben. Das setzt Anpassungen der internen Systeme voraus, die die Auslandsbanken oft in Absprache mit dem Mutterhaus vorbereiten müssen. Es ist daher wichtig, dass die betroffenen Institute ausführlich und mit genügend Vorlauf informiert und wenn möglich auch in die Vorbereitungs- und Einführungsphasen eingebunden werden.
Mit der UBS-CS Transaktion ist ein wichtiger Spieler auf dem hiesigen Markt verschwunden – nicht nur als Anbieter von Dienstleistungen für private und institutionelle Bankkunden, sondern auch als Teil der Finanzplatzinfrastruktur. Die zahlreichen kleinen Banken in der Schweiz, die auf die Credit Suisse als Korrespondenzbank vertrauten, müssen sich einen neuen Partner finden – bloss aus Gründen der Risikodiversifikation wird UBS nicht das gesamte Geschäft übernehmen. Wer wird in die Lücke springen? Sicher gibt es Auslandsbanken, die auf das Netz ihrer Muttergesellschaft zurückgreifen können. Aber kleine Institute mit geringem Transaktionsvolumen stellen grossen Aufwand geringem Ertrag gegenüber. Es ist wichtig, dass derartige Infrastrukturdienstleistungen weiterhin verfügbar sind, denn sonst verliert die Schweiz ihre Anbindung an die globalen Finanzmärkte.
Grüne Finanzdienstleistungen
Das Thema ESG bleibt weiterhin weit oben auf der Agenda. Der Verband setzte seine Vortragsserie fort und lud auch in diesem Jahr zahlreiche Fachleute aus dem In- und Ausland ein, spezifische Aspekte zu präsentieren und mit den Mitgliedern zu diskutieren. Ein wichtiger Moment in dieser Serie stellte die Präsentation der Swiss Climate Scores durch den Referenten des Staatssekretariats für Internationale Finanzfragen (SIF) dar.
Der Verband hat an der Vernehmlassung zum Entwurf des FINMA Rundschreibens Naturbezogene Finanzrisiken teilgenommen. Er trug Meinungen der Mitglieder zusammen und tauschte sich mit dem Dachverband und weiteren nahestehenden Verbänden aus. Die Meinung war einhellig: der Entwurf geht zu weit und führt Pflichten ein, die international einzigartig und operativ schwer bis unmöglich umzusetzen sind. Es macht keinen Sinn, derart weitreichende aber schwer umsetzbare Pflichten aufzuerlegen. Es ist besser, weniger weitreichende, aber wirklich umsetzbare Vorgaben zu definieren.
Der Verband verfolgt mit Aufmerksamkeit die Entwicklungen in Sachen Bekämpfung von Greenwashing. Nachdem der Bundesrat sich lange Zeit mit der Selbstregulierung des Finanzsektors begnügen wollte, hat er vor etwa einem Jahr plötzlich eigene Initiativen zur Regulierung, u.a. gegen Greenwashing, angekündigt. Das hat intensiven Dialog zwischen Dachverband und SIF nötig gemacht. Dieser wird fortgesetzt. Ziel ist, Einigung zu finden und die Selbstregulierung so anzupassen, dass sie die Erwartungen des Bundesrates abdeckt. Das fördert Transparenz und Kontinuität der bestehenden Regulierung.
Selbstregulierung bleibt stark verankert im Schweizer Finanzplatz. Die Auslandsbanken begrüssen diesen Ansatz, auch wenn er sie immer wieder vor beachtliche Herausforderungen stellt. Selbstregulierung hat den Vorteil des Pragmatismus, denn sie kann auf die spezifischen Anforderungen des Geschäftsablaufs Rücksicht nehmen und rasch angepasst werden. Sie hat den Nachteil der "Schweizer Besonderheit", die im internationalen Kontext nicht anerkannt, weil nicht bekannt, ist. Das führt dazu, dass internationale Institute in der Schweiz oft mehrere Regularien zu erfüllen haben. Gleichzeitig können nach Schweizer Standards erstellte Produkte und Dienstleistungen im Ausland nur schwer oder gar nicht zur Anerkennung gebracht werden, weil die Gleichwertigkeit der Regulierung fehlt. Früher oder später wird der Finanzplatz wohl nicht darum herumkommen, sich die Frage nach der Zukunft der Selbstregulierung zu stellen.
Laufende Geschäfte
Neben den grossen Themen, die den gesamten Finanzplatz betroffen und alle Teilnehmer herausgefordert haben, bearbeitet der Verband mit seinen Mitgliedern auch zahlreiche andere Fragen – nicht minder wichtig aber wohl weniger stark im Rampenlicht der öffentlichen Aufmerksamkeit. Dazu gehören Finanzplanung und Liquiditätsmanagement auf Institutsebene, die die Banken mit den nun wieder positiven Zinsen vor neue Herausforderungen stellen. Das Thema wurde in einer neu geschaffenen AFBS Group aufgenommen und auch im Rahmen von Events vertieft. Hierzu gehört auch die bevorstehende Umsetzung der Basel III Standards, wobei AFBS gemeinsam mit der Schweiz. Bankiervereinigung beim Bundesrat auf die Angleichung der Fristen an die wichtigen internationalen Finanzplätze pocht. AFBS Groups haben sich im Berichtsjahr erneut getroffen, um die Umsetzung des FINMA Rundschreibens Operationelle Risiken zu begleiten. Interne Abläufe, Prozesse zur Identifikation der Kritischen Daten und Funktionen, sowie Austausch untereinander und Erfahrungsberichte von anderen Schweizer Banken standen im Fokus. Die Einführung der OECD-Mindeststeuer war weniger hoch auf der Prioritätenliste, da das Projekt meist vom Mutterhaus koordiniert wird und nur geringe, meist individuelle, Anpassungen in der Schweiz notwendig sind. Die Regulierung von Work from Home wirft weiterhin Fragen auf – auch wenn die Nachfrage nachlässt, soll die Behandlung im grenzüberschreitenden Kontext geklärt werden. Im Steuerrecht ist das einfacher als im Sozialversicherungsrecht oder im Aufsichtsrecht. Eine kleine, aber aktive Gruppe von Auslandsbanken setzt sich mit der Einführung von Open Banking auseinander; die Banken bringen Erfahrungen von den jeweiligen Mutterhäusern aus dem Ausland mit und antworten auf ein Bedürfnis ihrer Kunden. Die Einführung der Digitalisierung des Hypothekargeschäfts mit SIX Terravis schreitet voran und das Pilotprojekt mit den Notariaten in Genf hilft, die Prozesse zu vereinfachen.
Verbandsaktivitäten und Personalien
Auf Entscheid des Vorstandes fand die 51. Generalversammlung des Verbandes in virtuellem Format statt. Die Beteiligung war einmal mehr höher als in den Vorjahren und das Format liess Raum für einen Sommeranlass mit ausgedehntem Teilnehmerkreis und Debatte zu einem aktuellen Thema. Das AFBS Get Together befasste sich dieses Jahr mit dem Public Private Partnership PPP für die Bekämpfung von Geldwäscherei. Panelisten aus dem In- und Ausland haben ihre Erfahrungen geteilt und Gedanken ausgetauscht. Das Publikum hat von der Möglichkeit, sich einzubringen, spontan Gebrauch gemacht und es ist eine lebhafte Diskussion entstanden.
Das Format der Mitgliederinformation hat sich nun eingespielt: Für Vorträge und Präsentationen ist die Videokonferenz ideal, denn der informelle Austausch ist gering und die Informationsverbreitung einfach. Für Roundtables mit Gedankenaustausch hingegen kann nur die Veranstaltung vor Ort mit physischer Teilnahme den geeigneten Rahmen bieten. Der Verband hat auch in diesem Jahr etwa 80 Veranstaltungen organisiert
Der Verbandsvorstand hat das Format des C-Meetings, Treffen in einer kleinen Gruppe unter C-Level Managern, ausgebaut. So fanden im Berichtsjahr derartige Treffen statt mit der französischen Botschafterin, mit SIX Group, mit Experten zu ESG Themen sowie zum Thema Government Affairs in der EU. Diese Formate sind wertvoll, weil sie neben Informationsvermittlung auch zur Vernetzung der Verbandsmitglieder unter sich und mit dem Vorstand beitragen. Daneben treffen sich Experten der Mitgliedsbanken in AFBS Groups zu den Themen Rohstoffhandelsfinanzierung, Firmenkundengeschäft, ESG, Finanz- und Liquiditätsmanagement, Human Resources, Legal&Compliance und Steuern.
Im September 2023 konzentrierte der Vorstand seine Sitzung auf das Thema der Öffentlichkeitsarbeit. Er empfing Vertreterinnen der Schweiz. Bankiervereinigung und Economiesuisse, sowie den Ständerat Ruedi Noser. Er interessierte sich dafür, wie der Verband sich in den politischen Diskurs einbringen könne. Die Vernetzung über Dachverbände sei wichtig, direkter Kontakt würde auch geschätzt meinte der Ständerat, der die wichtige Rolle der Auslandsbanken für die Schweizer Wirtschaft hervorhob.
Am selben Tag fand auch das alljährliche Treffen mit dem Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen SIF statt. Dieses ist sich sehr wohl bewusst, dass die Folgen der UBS-CS Transaktion auch die Auslandsbanken betreffen. Sie spielen in Zukunft eine noch wichtigere Rolle für die globalen Finanzgeschäfte der schweizerischen internationalen Unternehmen. Auch als Korrespondenzbank und als Gegenpartei bei der Diversifizierung im Verwahrgeschäft ist zu erwarten, dass ihre Rolle wachsen wird. Es gibt nur noch eine globale Schweizer Bank und deren Kerngeschäft ist die Vermögensverwaltung. SIF und AFBS sind sich einig, dass die Positionierung des Schweizer Finanzplatzes zu stärken ist; gute Rahmenbedingungen und eine starke Aufsichtsbehörde sind wichtig für die Standortattraktivität.
Auch im Treffen mit der FINMA im Oktober 2023 stand die UBS-CS Transaktion im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die FINMA erachtet die Vielfalt auf dem Finanzplatz als weiterhin gewährt und will am Proportionalitätsprinzip festhalten. Regulierung sei jedoch notwendig, insbesondere in Bezug auf Liquidität, Verantwortlichkeit, und Handlungsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörde. Die FINMA plant keine Regulierung im Bereich der Künstlichen Intelligenz, hat jedoch Grundsätze verabschiedet, nach denen sie zu handeln gedenkt. In Bezug auf die Umsetzung der Sanktionen hat die FINMA Unterschiede zwischen Banken festgestellt, der Verwaltungsrat ist einzubeziehen und die definierte Risikopolitik adäquat anzuwenden.
Im November 2023 fand ein Treffen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft SECO statt. Die Umsetzung der Sanktionen gegen Russland war eine grosse Herausforderung, auch wegen ihrer Komplexität. Bei den Gesprächen über die Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine seien Erwartungen gegenüber der Schweiz hoch. SECO ist involviert bei Verfahren zur Rückerstattung von Vermögenswerten sowie beim Aufbau des Registers für Wirtschaftlich Berechtigte Personen gemäss FATF-Empfehlung. Das SECO koordiniert die bundesrätlichen Wirtschaftsmissionen und ist auch aus diesem Grund ein wichtiger Partner für AFBS.
An der Aussprache mit SIX Group im März 2024 nahmen neben dem Vorstand weitere zehn Auslandsbanken teil. Die Gespräche konzentrierten sich auf die notwendige Anbindung der Schweizer Börse an die EU und andere Märkte – auch um über grössere Volumen Skaleneffekte zu erzielen und die Technologieinvestitionen zu rentabilisieren. SIX Digital Exchange ist weltweit führend als einzige voll integrierte Handelsplatform für digitale Werte. Auch der Stock Exchange Connect mit der Börse in Schanghai ist ein einmaliges Projekt, das den Unternehmen Zugang zu beiden Kapitalmärkten bietet und die Internationalisierung fördert.
Im März hat sich der Verband mit dem Zürcher Regierungsrat getroffen. Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker-Späh und Finanzdirektor Ernst Stocker empfingen die Delegation zu einem wertvollen Austausch, bei dem sie ihre Unterstützung für den Bankenplatz und die Auslandsbanken unterstrichen. Bestätigt haben sie dieses Versprechen durch die koordinierte Intervention mit den Kantonen Genf, Tessin, und Basel, damit der Bundesrat Marktzutritt und den Institutsspezifischen Ansatz in das Verhandlungsmandat mit der EU aufnehme. Der Regierungsrat des Kantons Zürich ist interessiert, den Austausch mit den Auslandsbanken weiterzuführen und bietet ein offenes Ohr an.
Im April 2024 fand das jährliche Treffen mit dem Direktorium der Schweizerischen Nationalbank statt. Die UBS-CS Transaktion blieb auf der Traktandenliste. Die AFBS-Delegation bestätigte, dass die Auslandsbanken verlässliche Partner auch für Schweizer Unternehmen seien und sie in Finanzierungsfragen unterstützten. Die Beteiligung der SNB an den Projekten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zur Digitalisierung grenzüberschreitender Transaktionen bringt wertvolle Erkenntnisse auch für die nationale Geldpolitik. AFBS begrüsst die Offenheit der Schweizer Institutionen in diesen Themen.
Die 51. Generalversammlung wählte neu in den Vorstand: Gabriel Castello, HSBC Private Bank (Suise) SA, und Laurent Gagnebin, Rothschild & Co Bank AG. Sie erneuerte die Mandate von Mauro De Stefani, Quästor, Banca Popolare di Sondrio (Suisse) SA, und Daniel Belfer, Bank J. Safra Sarasin SA. Seither hat der Vorstand Kenntnis genommen vom Rücktritt von Anne Marion-Bouchacourt, Société Générale, auf den 31. Dezember 2023. Ebenso hat er Gabriel Castello und Enna Pariset, BNP Paribas (Suisse) SA, in das Vizepräsidium und somit den Verwaltungsrat der Schweiz. Bankiervereinigung, nominiert. Es hat weiter Loïc Voide, Deutsche Bank (Suisse) SA als neues Mitglied kooptiert, um ihn der 52. Ordentlichen Generalversammlung zur Wahl vorzuschlagen.
Laurent Gagnebin, Rothschild & Co Bank AG, vertritt den Verband in der SBA Expertenkommission Private Banking sowie im FINMA Panel zum selben Thema. Anke Bridge Haux, LGT Bank (Schweiz) AG, übernimmt die Vertretung in der Fachkommission Digitalisierung, wo sie auf André Lagger folgt. Elvira Knecht, LGT Bank (Schweiz) AG, übernahm die Vertretung im Vorstand AGV Banken von Gottlieb Prack. Daniel Wild, Bank J. Safra Sarasin SA, trat die Nachfolge von Sabrina-Yanna Zeyher in der SBA Expertenkommission Sustainable Finance an und Giovanni Leonardo, Schroder & Co Bank AG sitzt im neu gegründeten FINMA Panel ESG. Thomas Conel, BNP Paribas (Suisse) SA, ist neu Vertreter im Swiss Finance Institute Sounding Board. Die Vertretung in der MROS-Arbeitsgruppe zum Aufbau des Public Private Partnerships ist sichergestellt durch Isabelle Monestes, HSBC Private Bank (Suisse) SA, und Camillo Zbinden, Société Générale.
Eine aktuelle Aufstellung der Mandate und Vertretungen des AFBS ist ersichtlich auf www.afbs.ch \ About Us.
An dieser Stelle dankt der Vorstand allen, die die Verbandsarbeit unterstützen und sich für die Anliegen der Auslandsbanken und des Verbandes einsetzen, für ihre Unterstützung und ihr Engagement.
Auch spricht der Vorstand seinen Dank dem Verbandssekretariat aus, dessen anhaltende Informations- und Koordinationsarbeit die effiziente Verbandsarbeit sicherstellt.
Zürich, Mai 2024